ZIEGEL UND FACHWERK - EIN VIRTUELLER RUNDGANG

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FACHWERK TAFEL 1: Bauliche Entwicklung vom Pfostenbau zum Fachwerk

Die ersten festen Wohnhäuser, die Vorläufer des Fachwerkbaus, waren einfache Hütten und Pfostenbauten. Die Stützen des Hauses wurden in die Erde eingelassen, jedoch ohne Fundament gaben sie nicht genügend Stabilität, um ein schweres Dach zu tragen.

Um die ursprünglich eingegrabenen Wandpfosten besser vor Nässe zu schützen und ein größeres Dachgewicht errichten zu können, entwickelte man den Pfostenbau weiter und legte im Spätmittelalter (13. bis 15. Jh.) die Wandpfosten auf Schwellbalken auf.

Diese besondere Bauweise, heute als Fachwerk bezeichnet, bildete sich in Mitteleuropa aus. Die Stockwerksbauweise besteht aus einer verstrebten Holzbalkenkonstruktion, die wie ein Skelett das gesamte Fachwerkhaus trägt. Die Zwischenräume werden Gefache genannt und sind mit einem Geflecht aus Ruten gefüllt oder mit Steinen ausgemauert. Das Rutengeflecht wird mit Lehm beworfen, glatt gezogen und weiß gekalkt. Je nach Region wird dem Lehm Stroh zur Stabilität beigemischt oder Rosshaar eingearbeitet. Zum Ausmauern des Gefachs werden Lehmbausteine, Bruch- oder Backsteine eingesetzt.

Die ältesten bekannten Fachwerkhäuser in den deutschen Landen, so wird vermutet, stammen in etwa von 1260. Der Fachwerkbau zeichnet sich durch eine Gerüstbauweise aus Holzgerüst und Ausfachung aus. Im 13. bis 14. Jh. waren die Fachwerkhäuser Geschoßständerbauten, bei denen Ständer und Bänder über mehrere Geschosse reichten. Diese Bauart ermöglichte mehrere aufeinander errichtete Stockwerke. Nötig wurde dies, um in den expandierenden und stetig wachsenden Städten den damit einhergehenden Wohnungsbedarf der Bevölkerung decken zu können. Mit der Stockwerksbauweise (14. bis 15. Jh.) konnte dies auf engem Raum bewerkstelligt werden.

Die Stockwerksbauweise ist aus der Ständerbauweise hervorgegangen. Wichtigster Unterschied zu dieser ist die Begrenzung der Holzlängen auf eine Geschoßhöhe, dem Stockwerk. Hierdurch konnten kürzere, daher billigere Hölzer in Anschaffung und Transport verbaut werden. Das angewandte System bestand aus einem festen, unverschiebbaren Wandverband in Rahmenbauweise in dem vier weitere Wandrahmen und eine Deckenlage zu einem räumlich ausgesteiften Kubus, dem Stockwerk, eingepasst wurden. Die einzelnen Stockwerke konnten so ähnlich wie Kartons aufeinander gesetzt werden.

Die verwendeten Materialien und die teils enge Bebauung bedeuteten erhebliche Nachteile gegenüber der Massivbauweise, die man jedoch in Kauf nahm. So waren die Fachwerkhäuser brandgefährdet, schon allein wegen der mit Stroh unterfütterten Dächer. Das verbaute Holz war pflege- und wartungsintensiv, sonst lief man Gefahr, dass es verrottete und die Stabilität des Hauses nicht mehr gegeben war.

Im 15. bis Mitte 16. Jahrhundert zeichnet sich das städtische Fachwerk durch Zierformen der Hölzer aus. Bis Ende des 17. Jh. steigt der gestalterische Anspruch der Bauherren und die Zahl der Zierelemente nimmt zu.

Schlichter und funktionaler werden die Bauten ab Mitte des 17. bis Ende des 18. Jh. beim Wiederaufbau nach dem Dreißigjährigen Krieg. Durch größeren Wohlstand nehmen die dekorativen Elemente der Fassaden wieder zu.

FACHWERK TAFEL 2: Was erzählt die Fassade?

Die unterschiedlichen Materialien, die früher zum Hausbau genutzt werden, sind auch heute noch zur Restaurierung von Fachwerk im Gebrauch.

Dabei gibt die Optik der Fassade meist wieder, wie viel Geld dem Erbauer zur Verfügung stand. Denn Fachwerkhäuser waren wesentlich günstiger in der Errichtung als Steinhäuser. Meist konnte man sich teure Fachleute sparen und große Teile der Errichtung in Eigenleistung erbringen. Holz wurde nach Zusage der Gemeinde im Wald im Winter geschlagen, Stroh und Lehm stammten vom eigenen Acker. Der Einsatz von billiger Fichte oder Tanne deutet auch in unserer Gegend darauf hin, dass Häuser teils selbst errichtet wurden.

War Geld vorhanden, konnte ein Zimmerer beschäftigt werden, der das Tragwerk aus Eichenholz (Stiel- oder Traubeneiche) errichtete. Dieses Gefache zeichnete sich dann nicht nur durch abgebundenes und gezimmertes Tragwerk, sondern auch durch kunstvoll angelegtes Wandgefüge aus.

Das Fachwerkhaus wurde auf einem Zimmerplatz, nicht auf dem eigentlichen Bauplatz vorbereitet. Dabei wurde die gesamte Holzkonstruktion gefertigt und im Liegen exakt gesägt, geschlagen und zugeschnitten. Um beim ersten Aufbau auf dem Bauplatz alle Hölzer an der richtigen Stelle errichten zu können, wurden sie mit Abbundziffern gekennzeichnet (Strichmarkierungen, röm. oder arabische Ziffern, Buchstaben und Zeichen, auch Rutenschlag, Stich und Pick genannt).

Im Fachwerkbau lassen sich drei wichtige Holzverbindungen erkennen. Die Verblattung, die Verzapfung und die Verkammung. Diese Verknüpfungsstellen sind auch nach Umbauten noch sichtbar und geben daher der Bauforschung Auskunft über das Alter des Gebäudes. Bei den Holzverbindungen sind beide eingesetzten Hölzer bearbeitet und fast grundsätzlich mit einem Holznagel gesichert. Aus den erhaltenen Verbindungsstellen kann die Bauforschung auf nicht mehr vorhandene Hölzer rückschließen. Form und Lage der Holzverbindungen geben darüber Auskunft.

Das Einbinden der Gefachfüllungen erfolgt über Staken. Die Staken sitzen in Stakungslöchern und -nuten. Tore, Türen, Klappen und Fenster werden mit Kloben, Eisennägeln oder Holznägeln am Holzgerüst befestigt.

Die unterschiedlichen Ausprägungen des Wandgefüges sind als Stockwerkszimmerungen bis ins 13. Jh. in ganz Europa nachvollziehbar. Durch städtebauliche Vorgaben waren die Haustypen meist ähnlich und nur die äußere Formensprache und Ornamentik unterschied sich. So entstanden typische regionale Hausfronten.

Für den Städtebau ist ab dem 18. Jh. ein Rückgang der Fachwerkbauweise zu verzeichnen. Aufgrund der Brandschutzauflagen allerorts werden erst Stroheindeckungen und dann Holzbaustoffe für Fassaden verboten. Fachwerk begann nun, die Bauweise der ärmeren Schichten und der Landbevölkerung zu werden. In waldreichen und dünner besiedelten Gebieten hielt sich so der Fachwerkbau bis ins 19. Jahrhundert.

In den Städten vollzieht sich ein ästhetischer Wandel, die Fassaden werden verputzt und erhalten ein ruhiges Aussehen mit nun regelmäßig angeordneten großen Fenstern. Mitte des 19. bis Anfang des 20. Jh. besinnt man sich auf historische Fassadengestaltungen und setzt im Jugendstil Fachwerk fantasievoll interpretiert ein.

FACHWERK TAFEL 3: Zeitzeugen in Bildern

In Deutschland kommen drei Fachwerkgefüge vor. Hier in unserer Region ist das Mitteldeutsche Fachwerk anzutreffen, das über alle Mittelgebirge bis etwa zum Neckar nach Süden, im Osten bis nach Polen und im Westen bis in den Elsass in Frankreich recht. Hierbei wird oft der Wandständerbau verwendet, bei dem das Dachwerk hauptsächlich auf den Außenwänden ruht.
Die Häuser stehen meist mit ihrem Giebel zur Straße ausgerichtet. Innen sind sie typischerweise in Zonen aufgeteilt: Zur Straße finden sich die „Gute Stube“, daran anschließend Küche und Treppenhaus, hinten Schlafkammern. Räumlich getrennt  sind Stall, Lager und Backhaus in funktionalen Gebäuden untergebracht.
Vom Bergischen Land bis zum Rhein stehen in unserer Region viele Fachwerkhäuser. Sie prägen unsere Dörfer und Landschaften, und sind dabei der Stolz ihrer Besitzer. Oft sind die Häuser umgebaut, angebaut und modernisiert worden von ihren über die Jahrhunderte wechselnden Besitzern. Die verwendeten Reparaturhölzer unterscheiden sich oft vom ursprünglich eingesetzten Holz.
Werden Fachwerkhäuser gepflegt, so erzielt man eine besondere Wohnqualität mit wohligem Ambiente und freundlicher Atmosphäre durch das liebevoll bearbeitete Holz.

Bild 1: Denkmalgeschütztes Haus in Dierath, Burscheid. Quelle: Wikipedia/ Corinthe: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dierath_55,_51399_Burscheid.jpg

Bild 2: Zweigeschossiges, repräsentatives Fachwerkwohnhaus, Schmuckfachwerk,  Straßenfront Schmuckverschieferung, schiefergedecktes Mansarddach mit Schopfwalm und kleiner Fledermausgaube, Leverkusen-Opladen. Quelle: Wikipedia/ R.R.Hirsch LEV: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkm%C3%A4ler_in_Leverkusen#/media/Datei:Opladen_Rennbaumstrasse_61.JPG

Bild 3: Erstes Bürgermeisteramt in Schlebusch, Geburtshaus von Vinzenz Jakob von Zuccalmaglio. Jakob Salentin von Zuccalmaglio war Bürgermeister von Schlebusch und Opladen. Sein hier geborener Sohn Vinzenz wurde als volkstümlicher Schriftsteller unter dem Pseudonym „Montanus“ bekannt. Die Familie lebte hier bis 1844. Zweigeschossiges, verschiefertes Fachwerkgebäude mit Walmdach, aufwendiger Trauf- und Türdekoration sowie im Inneren reichhaltige Ausschmückung. Ende 18. Jh., Leverkusen-Schlehbusch. Quelle: Wikipedia/R.R.Hirsch LEV: ttps://commons.wikimedia.org/wiki/File:Schlebusch_Zuccalmagliohaus.JPG

Bild 4: Wohnkolonie für leitende Beamte der Bayer AG. Rasterförmig angelegte Siedlung, symmetrische Gliederung durch Gruppierung von Haustypen. Prägend sind die bis 1914 errichteten Bauten. Idee der Gestaltung des repräsentativen Einzelbaus auf großen Grundstücken, 1895 – 1925, Leverkusen-Wiesdorf.
Quelle: Wikipedia/R.R.Hirsch LEV: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Levbeamtenkolonie.JPG

Großes Bild unten: Ehemaliges Haus des Küsters und Schulmeisters Mathias Ziskoven. Giebelständiges Fachwerkhaus mit vorkragendem Giebel und seitlicher Ausflucht, erste Hälfte 17. Jh., Leverkusen-Rheindorf. Quelle: Wilipedia/R.R.Hirsch LEV: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rheindorf_Felderstrasse11.JPG

FACHWERK TAFEL 4: Zeitzeugen in Bildern

Alte Gebäude sind ein erhaltenswerter Schatz. Sie bergen oft gestalterische, kulturelle und volkswirtschaftliche Werte, auch über die Gebäude hinaus, die als Baudenkmal und von der Denkmalpflege ausgezeichnet werden.
Heute erlangt der Fachwerkbau aus ökologischer Sicht wieder neue Attraktivität. Es geht dabei längst nicht nur um das Erhalten, Restaurieren, Erneuern und Wämedämmen von Bestandsimmobilien, sondern um eine Rückbesinnung auf traditionelle Handwerkstechniken in Kombination mit innovativer, anspruchsvoller und zeitgemäßer Gestaltung. Moderne Bauherren achten die Leistungen unserer Vorfahren und wahren die historische Identität.
Fachwerk lebt!

Bild 1: Fachwerkwohnhaus einer Hofanlage mit rückwärtigem Anbau, Ständerwandbauweise (Haustüren mit Seitenlicht, Kastengesims, Fliesenboden im Treppenhaus, Treppe), 18. und 19. Jh., Leverkusen-Bergisch Neukirchen. Quelle:Wikipedia/HJFeller: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Burscheider_122.jpg

Bild 2: Zweigeschossiges Wohnhaus mit (nicht denkmalwertem) Verbindungstrakt zur rechtwinklig angegliederten Scheune. Rückwärtig: Scheune der ehemaligen Hofanlage „In Holzhausen 12“. Ensemble stellt Rest der ehemaligen Honnschaft Holzhausen dar, Ende 18. Jh. Quelle: Wikipedia/HJFeller: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dohrgasse_2_1.jpg

Bild 3: Zweigeschossiges Gebäude: rechts Wohnhaus in Fachwerk mit verputzter Schauseite, links ein ehemaliges Wirtschaftsgebäude in Fachwerk mit Tordurchfahrt in Ständerwandbauweise, Anfang 18. Jh., Leverkusen-Rheindorf. Quelle: Wikipedia/R.R.Hirsch LEV: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rheindorf_Unterstrasse3.JPG

Bild 4: Das „Steinbüchler Römersgut“ oder „Die Lichtenburg“ ist ein zweigeschossiges Fachwerkwohnhaus mit beistehendem Fachwerkbackhaus als aussagefähiger Rest, der seit dem 16. Jh. bestehenden Hofanlage. (Kernhof des heutigen Streusiedlungsbereiches   „An der Lichtenburg“. Wohnhaus in Stockwerksbauweise Übergangsform von der Ständerwandbauweise zur Stockwerksbauweise.) Backhaus, eingeschossig in Fachwerk, Denkmalwert auch die originale zeittypische Ausstattung (Türen, Treppe, Kölner Decken), Mitte 19. Jh., Leverkusen-Steinbüchel. Quelle: Wikipedia/Moramaso: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rittergut-_Lichtenburg.jpg

Großes Bild unten: Zweigeschossiges Fachwerkhaus, Ständerwandbauweise, 18. Jh., Leverkusen-Lützenkirchen. Quelle: Wikipedia/R.R.Hirsch LEV: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rheindorf_Felderstrasse11.JPG

FACHWERK TAFEL 5: Bergischer Dreiklang

FACHWERK Wortherkunft (Etymologie): Aus der Ableitung des Fachwerkbegriffs wurden in unseren Sprachgebrauch die „Fachleute“ aufgenommen. Wenn wir alles „unter Dach und Fach“ haben, so geht diese Redewendung ebenfalls auf die Fachwerkbauweise zurück. Bei vielen der gezeigten Fachwerkhäuser ist der „Bergische Dreiklang“ zu sehen. Als solcher wird das Verwenden der Farben Schwarz, Weiß und Grün bezeichnet. Dabei ist Bergisch Grün kein genau definierter, sondern der jeweils am Haus eingesetzte Grünton.

Bild 1: Fachwerkhaus-Ensemble mit dem „Friedenberger Hof“. Hier: ein eingeschossiges Fachwerkhaus in Ständerwandbauweise, Ende 18. Jh., Leverkusen-Opladen. Quelle: Wikipedia/ R.R.Hirsch LEV: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Opladen_Kreispark_24.JPG

Bild 2: Wetterseite mit Holz verkleidet, Schlagläden in Bergisch-Grün, Brunnen und Stall angebaut, Großösinghausen Burscheid. Quelle: Wikipedia/Ginchen: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Wohnhaus_Gro%C3%9F%C3%B6singhausen_16.jpg

Bild3: Gartensiedlung Gronauerwald: das Zandersche Siedlungsprojekt in Bergisch Gladbach Foto: Angela Zerfaß.

Bild 4: Laubenhaus „Am Barrier“, Vorbau auf 5 Holzständern um 1724 errichtet, Leverkusen-Fette Henne, Foto: Angela Zerfaß

Bild 5: Fachwerkhaus Irlen in Burscheid mit Ladeluke im Giebel. Quelle: Wikipedia/Regina Struminski: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Irlen.jpg

Bild 6: Zweigeschossiges Fachwerkwohnhaus einer ehemaligen Hofanlage in Ständerwandbauweise mit Krüppelwalmdach. 1656, auf Inschriftentafel (ehem. Tür), Leverkusen-Rheindorf. Quelle: Wikipedia/R.R.Hirsch-Lev, https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkm%C3%A4ler_in_Leverkusen#/media/Datei:Rheindorf_Unterstrasse49.JPG

Großes Bild unten: Wohnhaus von Gut Höfchen, Burscheid. Quelle: Wikipedia/Regina Struminski: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gut-hoefchen.jpg